Frauen, packt die Gleichberechtigung!

Die hiesige Presselandschaft hat ausführlich zum 50. Geburtstag des Frauenstimmrechts berichtet. Kernaussage: schön, dass es die Schweiz damals doch noch geschafft hatte, aber seither sind wir auf dem Weg zur Gleichberechtigung nur sehr langsam vorwärts gekommen und noch meilenweit entfernt vom Ziel. Als Beleg dienen beispielsweise die Lohnschere (mit unterschiedlichem Anteil erklärender Variablen), oder der Anteil von Frauen in Führungsfunktionen. Dass bei diesen Statistiken, die Gleichberechtigung nicht funktioniert hat, ist auch aus männlicher Perspektive offensichtlich. So hat kürzlich bei einer Umfrage unter CEO die Mehrheit bestätigt, dass ihr Weg nach oben als Frau schwieriger gewesen wäre. Als Mann mit Jahrgang 1968 schliesse auch ich mich dieser Einschätzung an. Wenn ich zurück an meine Schulzeit denke, mein Studium, meine ersten Jobs, meine Karriere, die automatische Arbeitsteilung bei der Geburt unserer Kinder, mein Gewicht in Diskussionen mit anderen – überall hatte ich als Mann einen Vorteil.

Nur, ist das heute wirklich die relevante Frage? Sind Männer und Frauen in meinem Alter nicht lediglich das Abbild der Vergangenheit? Es tut mir leid für all die gleichaltrigen Frauen, die mehr Potential hatten als ich und dann irgendwo auf der Strecke blieben, weil sie als Frau benachteiligt wurden. Aber müsste die zukunftsgerichtete relevante Frage nicht heissen: Bietet die Schweiz heute einer jungen Frau die gleichen Startbedingungen wie einem jungen Mann?

Meine These: eine junge Frauen hat – wenn sie das wirklich will – heute die gleichen Möglichkeiten wie ein junger Mann. Es gibt praktisch keinen Karriereweg mehr, der ihnen nicht offen stünde – sei es Berufswahl oder Aufstieg. Ist diese Aussage absurd? Dann machen Sie die Probe auf’s Exempel: fragen auch Sie heute einen Teenager, ob sie im Hinblick auf Möglichkeiten und Chancen lieber Mädchen oder Jungs wären – ich habe den Test mit meiner Tochter und meinem Sohn gemacht. Mancher junge Mann sieht heute seine weiblichen Altersgenossinnen im Vorteil (Gymiquote, keine Zeitverschwendung mit sinnlosem Militärdienst, Förderungsprogramme, und als Bonus Aussicht auf eine längere Lebenserwartung).

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: natürlich sind viele Anliegen der Frauen unerfüllt und hoch aktuell. All das blöde Machotum, sexistische Vorurteile und die lauernde sexuelle Gewalt sind offensichtlich. Aber wenn wir wollen, dass wir in 20 Jahren in der Frage weiter sind, braucht es auch eine klare Message an die jungen Frauen: wenn ihr Gleichberechtigung wollt, dann müsst ihr sie nehmen (sie liegt vor euch auf dem Tisch)!

Wenn wir Gleichberechtigung als „gleiche Starbedingung“ definieren, heisst das nicht, dass alle ihre Träume erreichen. Scheitern gehört dazu – für Frauen und Männer. Bloss: Wenn ich meiner Tochter sage „Du bist eigentlich die beste, aber Du wurdest als Frau benachteiligt“ und meinen Sohn „Du hast es gut gemacht, aber zum Erfolg must Du Dich mehr anstrengen“, wer wird dann im nächsten Versuch reüssieren? Wer wir sich nur als Opfer von Diskriminierung definiert, kapituliert statt zu kämpfen.

Und noch eine Einsicht, die viele Männer erst in der Midlife Crisis realisieren: jeder Entscheid im Leben hat einen Preis. Eine Frau, die CEO werden will, wird auch in einer gleichberechtigten Welt dafür einen ähnlichen Preis bezahlen müssen wie ein Mann – und auch sie wird sich im Herbst ihrer Karriere fragen, ob das wert war.

Natürlich kommt das Gegenargument der Frauen in ihrer Doppelrolle. Aber ist nicht auch das eine Wahl, und zwar eine Wahl, die schon mit der Partnerwahl beginnt? Niemand zwingt heute eine junge Frau, mit einem altmodischen Macker Kinder zu machen. Es gibt heute viele coole und attraktive junge Männer, welche keine Lust auf die alten Rollenspiele haben. Und wenn die Möchtegern-Patriarchen auf dem Partnermarkt keine unterwürfigen Frauen mehr finden, hat auch das einen äusserst positiven pädagogischen Effekt auf die Spezies Mann.